Fischkutter Refit Teil 12 - missglückte Jungfernfahrt und Schäden am Deckshaus • KlabauterKiste

Fischkutter Refit Teil 12 – missglückte Jungfernfahrt und Schäden am Deckshaus

Ein paar Vorbereitungen gibt es an diesem Tag noch: Jonas spleißt ein Auge für das Heckseil und wir bereiten den Notanker vor. Kettenvorlauf und 20 Meter Ankerseil lagen schon lange bereit.

Vorbereitungen für den ersten Törn: Jonas spleißt das Heckseil.
Auch das ist Vorbereitung: Der Notanker ist vorbereitet.

Den jetzt verwendeten Anker habe ich vom Museumshafenverein bekommen. 

KlecksKunde-Shirt

Er ersetzt den unhandlichen und wenig wirksamen alten Stockanker, den ich noch im Fundus hatte – und der jetzt ein Ausstellungsstück im Verein wird.

Der schwere Stockanken aus dem Fundus geht als Schaustück an den Museumshafen Büsum.

Leinen los zur Hafenrundfahrt

Es ist Sonntag, der 24. April 2022.

Die Maschine läuft, die Schaltung funktioniert. Und so habe ich Anne, meine Frau Petra und Jens mit seiner Frau zum ersten Törn eingeladen: Kleine Hafenrundfahrt in Büsum. Hund Willi ist auch dabei.

Um 16:00 Uhr treffen wir uns auf dem Boot. 

Maschine an, Leinen los!

Schon im Leerlauf beschleunigt HANNES auf 3 Knoten. Ein wenig schnell, da muss ich wohl den Leerlauf noch besser einstellen. Aber es geht voran und ich verlasse das Hafenbecken 1 (Museumshafen) mit Kurs auf die Schleuse Büsum. 

Sieht alles gut aus.

Im Leerlauf fahre ich zum nächsten Hafenbecken und drehe dann um 180 Grad. 

Sieht gut aus.

„Seehund“ Willi und Ehefrau Petra. Der Törn geht los.

Plötzlich merke ich, dass ich keine Ruderwirkung mehr habe. Das Steuerrad lässt sich ohne Widerstand drehen, die Anzeige der Ruderlage ändert sich nicht mehr.

Mist!

Ist da ein Hydraulikschlauch defekt? 

Zum Nachdenken oder gar zur Fehlersuche bleibt keine Zeit. Der Wind hat aufgefrischt und drückt HANNES gefährlich schnell in Richtung der am Kai liegenden Schiffe. 

Jonas setzt auf Kommando die  Notpinne. Aber wir sind schon auf Kollisionskurs mit den am Kai liegenden Booten – Vollgas rückwärts! 

Da ist eine Lücke!

Da muss ich jetzt mit HANNES rein, irgendwie. Ich steuere die Maschine vor- und rückwärts und schaffe es, mich vom Wind genau in die Lücke drücken zu lassen. Keine Havarie, kein Kontakt mit anderen Booten, nur ein unsanfter Rempler an der ersten Dalbe. Jens, Jonas: Leinen fest!! Klappt, zumindest provisorisch.

Und nun?

Mir sitzt der Schreck noch in den Gliedern. Ich brauche jetzt jemanden, der mir als Profi hilft, mein Boot zu sichern oder mich auch einfach nur ein wenig aufmuntert.

Ich rufe die DGzRS Station Büsum an und schildere meine Situation. Keine unmittelbare Gefahr, das mache ich deutlich, aber ich liege nur provisorisch gesichert zwischen zwei anderen, großen Booten. Und da dieser Platz gar nicht weit weg ist vom Museumshafen, könnte mich die DGZRS ja vielleicht auch an die Seite nehmen und dort hinbringen?

Und nur kurze Zeit später ist die DGzRS auch da. Zwei Mann in ihrem Schauchboot. Schnell wird klar, dass so ein Umsetzen auf meinen Platz im Museumshafen nicht möglich ist. Der Wind ist zu stark.

Professionell unterstützen mich die beiden bei der Sicherung meines Bootes. Und ich beruhige mich langsam wieder.

DGzRS – Hilfe naht!

Auch kann ich bis zum nächsten abendlichen Hochwasser an dieser Stelle liegen bleiben. Und dann könnte mich die Rickmer Bock zurück in den Museumshafen bringen.

Also: erst einmal alles gut.

Wir verlassen mein Boot und Jens lädt uns alle zum „Captains Dinner“ in einer nahegelegenen Gaststätte ein. Das hatten wir schon vorher geplant, aber jetzt finde ich das doppelt großartig.

Meine Stimmung ist aber auf dem Nullpunkt. Umso mehr freut mich die unkomplizierte Unterstützung durch die DGzRS Büsum. 

Danke, DGzRS!

Ich bin zwar schon Fördermitglied dieser auf Spenden angewiesenen Organisation, aber noch am Sonntagabend überweise ich eine weitere Spende:

DGzRS
40483000. Vielen Dank für eure Hilfe am 24.04. im Hafen Büsum nach Ruderschaden an meinem Kutter Hannes. Ihr seid toll. 

DATUM 25.04.2022, 19.56 UHR. UEBERWEISUNG SPENDE.

Zurück im Museumshafen

Für Montagabend 17:00 Uhr verabrede ich mich mit Malte, dem amtierenden Vorsitzenden im Museumshafenverein, am Liegeplatz der Rickmer Bock. Er hat noch einige Helfer organisiert und auch mein „Decksmann“ Jens ist wieder mit dabei.

Malte wird Jens und mich erst einmal zu meinem Boot bringen, wo ich dann auf Fehlersuche gehe. Mein Plan ist es, aus eigener Kraft wieder zu meinem Liegeplatz im Museumshafen zurückzufahren. 

Die Rickmer Bock würde mich aber notfalls an die Seite nehmen.

Danke, Malte.

Ich muss den Fehler finden. Die Hydraulikleitungen sind alle ok. Armer Jonas: er hatte an der Notpinne keine Chance. Der Öldruck war ja noch da und auf die Idee, den Nothahn zu öffnen, bin ich in der gestrigen Hektik nicht gekommen.

Es stellt sich heraus, dass im 3D-Druck angefertigte Adapter zwischen der Achse der Hydraulikpumpe und dem alten Steuerrad nicht greift, wie geplant. So dreht das Steuerrad frei. 

Das war der Fehler!

Zusammen mit Jens ziehe ich die Verschraubung von Steuerrad und Welle so fest an, dass es laut knackt. Jetzt sollte der Kraftschluss da sein. Und es scheint tatsächlich zu funktionieren: schnelle, kräftige Ruderbewegungen funktionieren einwandfrei!

Und ich muss wieder Vertrauen in mein Boot bekommen! 

Maschine an, Leinen los! Auf geht’s!

Das Ablegemanöver funktioniert einwandfrei. Mutig drehe ich noch eine große Runde im Hafenbecken. Wo ist die Rickmer Bock? Malte war durch die Schleuse in den Vorhafen gefahren und sagt mir später, dass ich mich ja schon über Funk gemeldet hätte, wenn ich ihn gebraucht hätte. Kanal 11, klar.

Egal, meine Steuerung funktioniert, die Maschine läuft ruhig und ich nehme Kurs auf meinen Liegeplatz im Museumshafen. 

Läuft.

Auch das Anlegemanöver klappt einigermaßen und dann habe ich es geschafft: Hannes ist zurück im Museumshafen, wieder an der Seite der KUCHENBECKER. 

Auch die Rickmer Bock läuft wenig später ein. Schon beeindruckend, welches Vertrauen Malte in mich und mein Boot hatte. 

Danke Malte, danke Jens.

Damit mir so etwas nicht wieder passiert, bestelle ich mir ein einfaches Vetus Motorboot-Steuerrad, dass jetzt erst einmal das alte Steuerrad ersetzt und später in der Backskiste gestaut wird, um im Notfall schnell eingebaut werden zu können.

Sicher ist sicher.

Das Vetus Steuerrad montiere ich dann auch, eher als Provisorium. Und das bleibt dann auch erst mal dran.

Hafenrundfahrt – jetzt wirklich

Eigentlich hat alles jetzt gut funktioniert. Nur das Vertrauen in das alte Steuerrad ist dahin. Und so nehme ich mir vor, den nächsten Törn erst dann zu wagen, wenn das Vetus Steuerrad angekommen ist.

Am Samstag, dem 30.05.22, sind Jonas und ich wieder den ganzen Tag in Büsum. Wir wollen alles noch einmal überprüfen. Das kleine Vetus Steuerrad ist auch schon da und ersetzt (erst einmal) das alte Steuerrad, dass ich mir in den nächsten Tagen zuhause genau ansehen möchte.

Aus dem vorhandenen, rund 50m langen Tampen schneidet Jonas zwei Festmacher und zwei längere Seile für die Spring. An jedes Ende spleißt Jonas zwei Augen. Dafür braucht er fast den ganzen Tag. 

Die Flagge kann wieder wehen (im Hintergrund die RICKMER BOCK)

Und ich habe Zeit für viele Kleinigkeiten, die auf Erledigung warten. So bekommt die backbordseitige Tür des Steuerhauses endlich auch ein Schloss, der Flaggenstock kommt achtern in seine neue Halterung und die Lichthaube bekommt einen kleinen Riegel.

Mittags kommt Anne und bringt Kuchen mit. Jonas zeigt ihr, wie ein Seil gespleißt wird.

Und der nächste Törn? 

Schon am Sonntag, dem 01. Mai 2022 geht es wieder los, Die nächste Hafenrundfahrt mit Gästen, ohne Probleme.

„See“-Hund Willi sollte auch eigentlich wieder mit, war aber vom Flohmarkt am Sonntagvormittag geschafft.

„Seehund“ Willi im neuen Anzug

Törns mit der RICKMER BOCK

Seit ein paar Wochen bin ich Mitglied in der Crew der RICKMER BOCK. Auf dem Boot im Museumshafen Büsum, dass mich schon mehrfach unterstützt hat. Ich bekomme von Malte eine Einweisung und absolviere ein Fahrtraining.

Am 16.April dann eine Veranstaltung „OpenShip“. Wir fahren Törns mit Gästen im Hafen Büsum.

Auf zum Törn mit dem ehemaligen Motorrettungsboot (03.05.22)

Und ein paar Tage später, am 03. Mai, eine Foto Tour bei bestem Wetter. 

Macht Spaß!

Bekommt der HANNES jetzt neue Farbe?

An den Aufbauten wurde bisher eigentlich nur ausgebessert. 

Neue Farbe würde dem HANNES aber gutstehen. Und da die Törns gut laufen, soll das jetzt auch losgehen.

Bleibt die Frage, welche Farben das Boot bekommen soll. Ich überlasse das den Fachleuten: Malermeister Jens und Fachberaterin Petra kümmern sich um die Farbauswahl für die Außenwände von Steuerhaus und Kajüte.

Farbkonzept

Wie sahen denn früher eigentlich die Büsumer Kutter aus? Neben dem Büsumer „Museum am Meer“ steht noch eine Vorlage: Schwarzer Rumpf, weißer Latz (den hat HANNES ja in Cuxhaven gelassen) und bunt gestaltete Aufbauten.

Die Farben eines Büsumer Kutters (Museum am Meer, Büsum)

Wir wollen 1K-Farben von Epifanes für die Aufbauten verwenden: Seitenwände weiß, Dächer in hellem Grau und Akzente in Grün und Braun. Ich bestelle ausreichend Farbe. Es kann losgehen!

Aber vorher sind an der Kajüte noch Schäden zu beseitigen.

Vorbereitende Arbeiten

An den heckseitigen Wandecken der Kajüte (die Seite mit dem Zugang) hat das Sperrholz über Jahre Wasser gezogen und ist aufgeweicht. 

Eigentlich wollte ich hier nur jeweils ein kleines Stück wegnehmen und Leisten einsetzen. Aber was dann zum Vorschein kommt, war schon eine Überraschung: Einer der Vorbesitzer hat an der gesamten heckseitigen Wand der Kajüte eine Sperrholzplatte vorgesetzt und mit Epoxidmatten abgedeckt. Leider sind dabei aber die Kanten der Sperrholzplatten nicht versiegelt worden. Das Wasser hatte somit leichtes Spiel.

An einer Ecke fange ich an, die Sperrholzreste zu entfernen und darunter ist massives Holz! Und sauber gearbeitete, abgerundete Eckprofile. Weg mit dem Sperrholz!

Warum macht man so etwas? Sperrholzplatte auf massives Holz, darüber Epoxidmatte. Und an den Kanten kam das Wasser rein: alles weich!

Ich entferne das aufgeweichte Sperrholz vollständig und bereite eine 18mm starke, wasserfest verleimte Platte als Ersatz vor. Die soll später mit Epoxid eingeklebt und abschließend mit einer Glasfasermatte überzogen werden, so wie bei der alten Wandfläche.

Nur diesmal dicht.

Im Übergang von der Kajütwand zum Deck finde ich auch einige Undichtigkeiten. Leider ist nur ein kurzer Teil mit einer Leiste ausreichend abgedichtet. Ich bereite Leisten aus Lärche vor, die um die gesamte Kajüte herum montiert werden sollen. Erst mal eingesetzt mit Sikaflex und verschraubt sollen die später mit Hohlkehlen aus Epoxidspachtel richtig dicht werden.

Jetzt kommt Farbe ans Boot. Danke, Petra!

Mein Kartenplotter

Mit der Seekarte auf dem Knie navigieren oder die Routenplanung mit Kursdreieck und Zirkel durchzuführen, ist sicherlich eine Möglichkeit, aber ich möchte einen Kartenplotter im Steuerhaus haben. 

Schließlich habe ich auch keinen Faltplan mehr im Auto.

Der Kartenplotter soll aber nicht unnötig teuer sein. Und so suche ich nach einem auch für andere Zwecke einsetzbarem Tablet-PC mit Halterung und entsprechender Software.

Und wie bei schon bei vielen anderen Dingen werde ich auch hier bei „Ebay Kleinanzeigen“ fündig:

„Verkaufe ein 10 Zoll Tablet mit Kartenplottersoftware und Zubehör.

GPS ist im Gerät integriert, es ist keine externe GPS Antenne nötig. GPS funktioniert schnell und flott ohne Ruckeln, die Schiffsposition ist mittig und folgt automatisch dem Kartenverlauf.
Aktuelles Kartenmaterial 2022 mit Tiefenangaben und Tiefenlinien von ganz Europa (darunter auch alle binnen Flüsse und fast alle Seen) sehr detailliert und hochauflösend sind installiert.
Routen kann man sich automatisch berechnen lassen.
(funktioniert wie ein Autonavi – eingeben wo man hin möchte – Route wird berechnet – Losfahren), manuelle Routenplanung ist auch möglich.
Berücksichtigt bei der Routenberechnung Länge, Breite, Tiefgang, Höhe, etc. des Bootes / Schiffes. Telefonnummern der Häfen etc. schnell abrufbar.
AIS Daten werden mit Hilfe einer WLAN Verbindung oder durch mobiles Internet via Sim Karte empfangen. Dadurch ist es möglich, Schiffsdaten der AIS Klassen A und B (Berufsschiffart und Sportschifffahrt) wie Name, MMSI Nummer, Rufzeichen, Schiffstyp, Position, Geschwindigkeit SOG, Kurs COG, Kompasskurs HDG, Länge, Breite uvm. auf dem Plotter anzeigen zu lassen.

Während der Fahrt/Tour wird keine Internetverbindung für die Navigation benötigt. Wetter, Gezeiten, Strömungen und Windverhältnisse können angezeigt werden. 230V Ladegerät, 12V Ladegerät und eine individuell einstellbare, stabile Halterung für den Steuerstand sind mit dabei. 

Handbuch zur Bedienung ist mit dabei.“

Klingt gut. Gekauft.

Leider aber auch ein Reinfall, denn es ist zwar die App „Navionics Boating HD“ und auch andere Software installiert, aber alles leider nur als Testversionen. 

Also zwar gute Software, aber über alles gesehen viel zu teuer.

Die App gefällt mir gut, zumal es auch möglich ist, komplette Fahrten vorzuplanen und sich dann im Törn sogar führen zu lassen. Nach der Eingabe von einigen Bootsdaten sind auch Prognosen zu Fahrtzeit und Verbrauch möglich, ebenso wie die Berücksichtigung von Tiefgang und Tidenstand.

Ich kaufe eine Navionics Jahreslizenz, die mein Fahrgebiet abdeckt.

Dies war der zwölfte Teil von Peter Samulats Buch „Ich hab‘ mir einen alten Fischkutter gekauft„.

Hier geht’s zum nächsten Teil des Refit-Berichts…

About the author

Peter Samulat

Dr.-Ing. Peter Samulat, Jahrgang 1956, lebt in Dithmarschen, ist verheiratet, hat vier Kinder und seit Jahren den Wunsch, einmal ein eigenes Boot zu besitzen. Dafür wird sogar das jahrelang gepflegte Hobby digitale Modelleisenbahn aufgegeben. Denn im Jahr 2020 ergab sich die Gelegenheit, einen alten, schon zum Wohnboot umgebauten Fischkutter zu erwerben. Und so beginnt diese Reise ins überraschend Unbekannte.


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