Bordelektrik Teil 3 - Anmerkungen Michael Herrmann • KlabauterKiste

Bordelektrik Teil 3 – Anmerkungen Michael Herrmann

Michael Herrmann ist anerkannter Experte für technische Anlagen auf Sportbooten. Er hat sich als Autor beim Palstek einen Namen gemacht und mehrere Bücher zum Thema Yachttechnik geschrieben, unter anderem das Standardwerk „Elektrik auf Yachten“. Seit 2017 betreibt er die Seite Yachtinside.de. Mitglieder der Seite haben Zugriff auf eine Vielzahl an tiefgreifenden Artikeln über technische Anlagen auf Yachten.

Im folgenden Kommentar geht Michael Herrmann auf die normgerechte Verwendung von Kabeln an Bord ein und gibt einige Anmerkungen zum dritten Teil unserer Serie zum Thema Bootselektrik. Im Laufe der Überarbeitung der Artikel werden wir diese Anmerkungen einfließen lassen.

Anmerkungen zu Material und Werkzeug

Kabelempfehlung

Der Begriff „Rangierkabel“ ist heute für Patchkabel reserviert und sagt ohnehin recht wenig über die Art und Qualität der Kabel aus. Besser wären ein wenig konkretere und differenziertere Angaben. Als Kabel können nach Norm eine ganze Reihe von Ausführungen verwendet werden – sie müssen lediglich flexibel und ausreichend wärmebeständig (mindestens 60 Grad Celsius, im Maschinenraum 70 Grad Celsius) sein.

Die billigste Variante heißt FLY, eine PVC-Isolierte flexibel Fahrzeugleitung mit blanken Kupferlitzen, in der Regel bis 80 Grad Celsius verwendbar. Diese gibt es in allen benötigten Querschnitten in diversen Farben, wobei allgemein Schwarz für Minus-Leiter und Rot für die Plus-Leiter eingesetzt werden. Nachteil: Wenn PVC brennt, entwickeln sich giftige Gase und die blanken Kupferlitzen sind sehr korrosionsanfällig, besonders an der Seeluft. Nehmen wir für dieses Kabel als Preisniveau 100 Prozent.

Deutlich besser – weil korrosionsbeständiger – sind Kabel mit verzinnten Litzen. Dieses gibt es zum Beispiel unter der Bezeichnung Liyv oder H07V-K, Preisniveau je nach Hersteller 100 bis 120 Prozent. „Schiffskabel“ mit GL-Klassifizierung sind deutlich teurer, haben dafür meist verzinnte Litzen und heißen zum Beispiel LKM. Sie sind zudem mit einer halogenfreien Isolierung versehen, so dass im Falle eines Brandes keine zusätzlichen giftigen Gase durch die Kabel erzeugt werden. Kosten: 150 Prozent.

Verbinden von Kabeln

Lüsterklemmen sind korrosionsanfällig und sollten an Bord nicht verwendet werden. Besser und praktischer sind zum Beispiel Wago-Klemmen, die auch in korrosionsbeständiger Ausführung erhältlich sind.

Farbkennzeichnung

Zwei grundsätzliche Anmerkungen: Der kleinste zugelassene Querschnitt für die Stromversorgung ist 1 mm², bei mehradrigen Kabeln darf dieser auch 0,8 mm² betragen. Es sind alle Farben zulässig, außer grün, gelb, grün-gelb – diese sind ausschließlich für Schutzleiter und Erdung zu verwenden.

Die Farben der Isolierung dürfen nicht mit denen eines eventuell vorhandenen Wechselstromnetzes verwechselbar sein. Braun, blau und weiß sollten daher auch dann nicht verwendet werden, wenn kein WS-System vorhanden ist, da bei einer eventuellen Nachrüstung eines Wechselstromsystems die vorhandenen Leiter in den entsprechenden Farben ausgetauscht werden müssten. Schwarz geht, weil anstelle von schwarz braun als Farbe für Außenleiter im WS-System verwendet werden darf.

Werkzeug

Multimeter: Drauf achten, dass alle Strommessbereiche abgesichert sind. Bei vielen Geräten ist der größte (10 oder 20 A) Bereich nicht abgesichert; das kann zu fatalen Folgen bei versehentlichen Messversuchen im Spannungsbereich mit falsch gesteckten Messkabeln führen. An Land dürfen bestimmte Spannungsmessungen ausschließlich mit zugelassenen Spannungsprüfern durchgeführt werden.

Strommesszangen:  Diese digitalen Messgeräte – auch „Zangenamperemeter“ genannt –  benötigen keinen direkten Kontakt mit den stromdurchflossenen Leitern. Während Standard-Multimeter den Strom direkt messen, heißt, der Leiter muss aufgetrennt werden und der zu messende Strom fließt durch das Messgerät, wird mit den Strommesszangen das durch den Strom verursachte Magnetfeld gemessen. Dafür reicht es aus, den zangenförmig ausgeführten Messkopf um den Leiter zu legen. Dies erleichtert Strommessungen ungemein, da nicht erst Verbindungen oder Leiter aufgetrennt werden müssen. Zudem erreicht man mit diesen Geräten eine nicht unerhebliche Verbesserung der Sicherheit – Multimeter können durch Ströme, die den eingestellten Messbereich deutlich übersteigen, unbrauchbar werden, in Extremfällen können die Geräte durch Lichtbogenbildung auch mechanisch zerstört werden – bei Messzangen ist dies vollkommen ausgeschlossen. Strommesszangen sind in den letzten Jahren erfreulich preiswert geworden, sie sind heute nicht mehr wesentlich teurer als gute Multimeter.

Abisolierzange: Auf jeden Fall Automatikzange. Kosten heute nicht viel mehr als eine gute „Standardabisolierzange“ und sparen sehr viel Zeit.

Crimpzangen sind ebenfalls stark im Preis gefallen. Auf jeden Fall eine mit Ratsche und Zwangssperre. Das ist die einzige Methode, mit der sich die Anforderungen an die Zugfestigkeit der Verbinder erfüllen lassen.

Leiterquerschnitte

Wie schon in den Anmerkungen zu Teil 2 beschrieben, müssen die Leiterquerschnitte zuerst nach der Strombelastung und erst in zweiter Linie nach Spannungsabfall ausgewählt werden. Allgemein gilt: Min. 1 mm², in mehradrigen Kabeln 0.8 mm². Dünner dürfen Leiter an Bord nicht sein.

Der Spannungsabfall darf heute für allgemeine Verbraucher 10 Prozent betragen (1,2 V bei 12, 2,4 V bei 24 V). Geringere Werte gelten für spezielle Verbraucher wie Positionslaternen, Bilgenpumpen etc. und müssen vom Hersteller angegeben sein. Wenn nicht, sollen 3 Prozent nicht überschritten werden.

Ich würde eher 1,5 mm2 als Grundquerschnitt einsetzen. Für die meisten Verbraucher reicht die Strombelastbarkeit aus, und wo nach Spannungsabfall dimensioniert werden muss, reichen 2,5 mm2 oft nicht aus. Für 24 Volt-Bordnetze trifft das natürlich um so mehr zu, da hier die Ströme in den meisten Anwendungen halbiert werden. Für die meisten Kabelarten (Isolationstemperatur max. 70 Grad Celsius) gelten in den gängigen Größen folgende Werte: 1 mm² 14 Ampere (10 oder 12), 1,5 mm² 18 Ampere (15), 2,5 mm² 25 Ampere (20), 4 mm² 35 Ampere (30). Die Zahlen ohne Klammern sind aus der DIN EN ISO 10133, die in Klammern sind die empfohlene Bemessung der Absicherung.

Bemessung der Sicherungsorgane

Wie ebenfalls in den Anmerkungen zu Teil 2 ausgeführt, muss bei der Bemessung der Absicherungen neben dem Leiterquerschnitt die Selektivität gewährleistet sein. Grundsätzlich: Absicherung nicht nach dem Stromverbrauch der angeschlossenen Verbraucher, sondern entsprechend dem Leiterquerschnitt. Keine Schmelz- und Schutzschalter mischen, deren Bemessungsströme weniger als 3 Stufen auseinander liegen. Es ist nicht zielführend, einen Leiter durch zwei aufeinanderfolgende Sicherungsorgane abzusichern.

Ebenfalls beschrieben, hier noch einmal: Bei nicht geerdeten Systemen müssen beide stromführenden Leiter – Plus und Minus – abgesichert sein. Dazu dürfen nur zweipolig schaltende Schutzschalter verwendet werden, Schmelzsicherungen funktionieren hier nicht. Bei Systemen mit Minus an Masse (Erde) reicht die Absicherung des positiven Leiters.

Die Hauptsicherung darf maximal 200 mm von der Batterie entfernt sein. Elegant sind Schmelzsicherungshalterungen, die direkt auf die Batteriepole montiert werden können.

Verlegung der Kabel

Für die freie Verlegung von Leitern gelten folgende Maße: Nicht ummantelte Kabel (z.B. Litzen mit PVC-Isolierung) müssen mindestens alle 300 mm befestigt sein. Ummantelte Kabel (mehradrige Leitungen) reichen 450 mm. AC- und DC-Leiter dürfen nicht zusammen in einem Rohr oder Kanal verlegt sein. Der Mindestabstand bei freier Verlegung zwischen den AC- und DC-Leitern muss mindestens 100 mm betragen.


Vielen Dank an Michael Herrmann für diesen qualifizierten Beitrag! Wenn ihr auch Kommentare oder Verbesserungsvorschläge zur Bordelektrik-Serie habt: Schreibt uns!

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