Fischkutter Refit Teil 21 - Ärger mit dem Motor • KlabauterKiste

Fischkutter Refit Teil 21 – Ärger mit dem Motor

Ende März, das Wetter wird langsam besser. Jonas und ich sind an Bord gekommen, um die Vorbereitungen auf die neue Saison zu beginnen. HANNES soll wieder fahren!

Jonas kontrolliert routinemäßig die Maschine, u.a. die Ölstände. Und er hat sehr schlechte Neuigkeiten: Der Motorölstand ist viel zu hoch, am Peilstab sind Wassertropfen zu sehen.
Im Motoröl ist eine große Menge Kühlwasser!
Oha.
 
War’s das jetzt mit meinem HANNES? Noch einen Motorwechsel wird es jedenfalls nicht mehr geben! Und so wie es aussieht, ist hier wohl mindestens eine Kopfdichtung defekt.
Ich mag mir gar nicht auszumalen, was hier an Kosten auf mich zukommen wird – oder ist das jetzt der Moment, aufzugeben? Jonas macht mir Mut: Er wird mir helfen. Das ist gut so, denn die Werft oder eine Motorenwerkstatt kann ich nicht mit einer solchen Arbeit beauftragen. Einfach viel zu teuer…

Eine kleine Hoffnung gibt es noch: Könnte der Ölkühler defekt sein? Das wird in den entsprechenden Internet-Foren zumindest nicht ausgeschlossen, also bestelle ich vorsichtshalber einen neuen Ölkühler. Jonas baut den ein.
Der ausgebaute Ölkühler ist aber in Ordnung.

Der Ölkühler war es leider nicht

KlecksKunde-Shirt

Also doch die Kopfdichtung(en)?
Ohne Jonas hätte ich an dieser Stelle aufgegeben. Denn der Tausch dieser Dichtungen ist schon ein ordentliches Stück Arbeit, mal abgesehen von den hohen Ersatzteilkosten.
Ob sich das alles noch für meinen HANNES lohnt?

Aber Jonas und ich legen los und es wird alles abgebaut, was im Weg ist.
Alle abgebauten Motorteile nehme ich erst einmal mit in meine Werkstatt. Dort werden diese gereinigt, von Rost befreit, entfettet und bekommen eine „Hauch“ Zinkspray.
Viel Arbeit. Und immer verbunden mit der Hoffnung, dass sich der ganze Aufwand auch lohnt.

Entrosten. Abkleben und mit Zinkspray lackieren

Jonas schickt mir eine lange Liste mit den Bestelldaten zu den Dichtungen und Kopfschrauben, die ich dann aber zum größten Teil im Internet bestellen kann. Zum Teil kommen die Sachen (zwar Originalteile, aber mit erheblichen Lieferzeiten) aus Polen.

Zum Glück kann ich das Benötigte aber auf diesem Wege besorgen, denn so sind diese Teile erheblich günstiger als hier gekauft.
Dann lieber auch mal etwas warten.

Alle benötigten Schlauchverbindungen für die Kühlwasserleitungen gibt’s wieder beim Landmaschinenhandel im Dorf.

Alte Schlauchverbindungen

Kopfdichtungen ersetzen (19.05.23)

Die im Internet bestellten Dichtungen sind endlich alle da. Und so können an diesem Freitag endlich die Kopfdichtungen gewechselt werden.

Jonas entfernt die Ventildeckel, die Ventilblöcke. Und die Zylinderköpfe.
Dabei löst sich eine der jeweils zwei Ventil-Steuerstangen und verschwindet im Motor. Wir vermuten, dass die bis zur Ölwanne durchgefallen ist und können nur hoffen, dass die Stange nicht irgendwo im Motor stecken geblieben ist.

Aber eines wird jetzt auch deutlich sichtbar: Im zweiten Zylinder (aus der Richtung vom Getriebe gesehen) steht etwas Wasser. Das muss die undichte Stelle sein. Hoffentlich ist es wirklich „nur“ diese Zylinderkopfdichtung – und nicht noch mehr.

Aber eins ist jetzt klar: Auch die Ölwanne muss heute ab.
Also: Ab in die Bilge, Ölwanne abschrauben, das restliche alte Motoröl entfernen (es war noch eine Menge) und mühsam Stück für Stück die alte Dichtung der Ölwanne abschaben. Leider muss das alles in der Bilge passieren. Die Ölwanne lässt sich nicht herausnehmen.

Und die Steuerstange liegt tatsächlich in der Wanne!
Jetzt brauchen wir eine neue Dichtung. Zum Glück ist es Freitag, und MAN in Heide hat diese Dichtung auch auf Lager. Petra bringt uns die nach Büsum. Wahnsinn, was so ein Stückchen Papierdichtung kostet.

Aber wir können weiterarbeiten.

Die Ölwanne ist ab

Jetzt können Jonas und ich die Ölwanne und die Zylinderköpfe wieder montieren. Da, wo vorgeschrieben, natürlich immer mit dem richtigen Drehmoment.

Und als ich schon davon ausgehe, dass die Zylinderköpfe jetzt fertig verschraubt sind, sagt Jonas „So, nun noch jede Schraube rund eine Umdrehung nachziehen“. Wie soll das denn gehen? Dafür habe ich kein passendes Werkzeug!

Das hat die Werft Marscheider (Danke, Rolf!).

Eine Knarre mit 90 cm Hebelarm

Nur mit dieser riesigen Knarre lassen sich die Zylinderkopfschrauben nachziehen. Eine schweißtreibende Arbeit!

Hab‘ ja früher mal gerudert – das zahlt sich jetzt aus.

Zylinderköpfe und Ventildeckel sind wieder an ihrem Platz

Aber es ist schon sehr spät geworden und wir können die Arbeiten leider nicht fertigstellen. Zu viel ist noch zu tun. Da liegen noch viele Teile rum, die auf den Einbau warten.
Also erst einmal Pause.

Weiter geht’s, wenn Jonas wieder Zeit hat.

Zusammenbau und Motorstart am 02.06.23

Die restlichen Anbauteile werden montiert, Kühlung und die Kraftstoffversorgung gebaut.
Und dann ist alles fertig für einen Startversuch.
Wir müssen mehrfach Törnen, bis dann alle dazu gelösten Einspritzdüsen Kraftstoff haben. Aber das kennen wir ja schon.

Und dann: Der Motor läuft!

Zu früh gefreut!
Aus einem Zylinder tritt im Bereich der Einspritzdüse feiner Kraftstoffnebel aus. Mist, da ist etwas undicht oder, viel schlimmer, die Einspritzdüse selbst ist defekt.
Da wir aber das Werkzeug für den Ein- und Ausbau der Düse nicht mehr an Bord haben, ist für heute auch erst mal wieder Schluss.
Mist.

Nächster Versuch am 29.06.2023

Heute könnte es endlich was werden.
Wieder bekomme ich das Werkzeug für Ein- und Ausbau der Einspritzdüse von der Werft (Mal wieder vielen Dank, Rolf!).

Spezialwerkzeug für den Ein- und Ausbau der Einspritzdüsen

Rolf sagt auch, dass wir zum Ein-/Ausbau der Düse die Luftbrücke doch nicht demontieren müssen. Und er hat Recht. Damit geht diese Reparatur schneller als befürchtet.
Und was ist nun die Fehlerquelle?

Kaum zu glauben, aber in der Kupferscheibe, mit der die Düse nach unten abgedichtet wird, hat sich ein „Haar“ der Drahtbürste eingedrückt und die Undichtigkeit verursacht. Beim Reinigen hat sich also ein Drahtstück aus der Bürste gelöst und ist in die Aufnahme der Düse gefallen.
Sachen gibt’s…

Rechts die "defekte" Scheibe

Kleine Ursache, große Wirkung. Aber so lässt sich der Schaden schnell beheben.
Eine neue Scheibe hilft.

Und der Motor läuft einwandfrei!
Nach gut einer Stunde Testlauf wird HANNES dann auch nach langer Zeit mal wieder bewegt – wenn auch nur ein ganz kurzes Stück. Da die Dalben und Leitern am Liegeplatz erneuert werden, verholt HANNES auf einen temporären Liegeplatz an der gegenüberliegenden Seite des Hafenbeckens um.
Aus eigener Kraft!

HANNES am Liegeplatz der abwesenden KUCHENBECKER

Um aber jetzt ein Werkzeug für den Ein- und Ausbau der Düsen an Bord zu haben suche ich im Internet ein Spezialwerkzeug und werde fündig:
BGS Einspritzdüsen-Auszieher aus Carbon-Stahl für MAN.
Wird bestellt und kommt in die Werkzeugkiste.
„Haben ist besser als brauchen“, sagt Jens immer.
Stimmt.

BGS-Artikel-Nr. 67230 (Fotos: bgstechnic.com)


Dies war der 21. Teil von Peter Samulats Buch „Ich hab‘ mir einen alten Fischkutter gekauft„. Wie es weitergeht erfährst du bald in der Klabauterkiste!

About the author

Peter Samulat

Dr.-Ing. Peter Samulat, Jahrgang 1956, lebt in Dithmarschen, ist verheiratet, hat vier Kinder und seit Jahren den Wunsch, einmal ein eigenes Boot zu besitzen. Dafür wird sogar das jahrelang gepflegte Hobby digitale Modelleisenbahn aufgegeben. Denn im Jahr 2020 ergab sich die Gelegenheit, einen alten, schon zum Wohnboot umgebauten Fischkutter zu erwerben. Und so beginnt diese Reise ins überraschend Unbekannte.


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