Dies ist der erste Teil der Serie zum Refit des Fischkutter’s Hannes.
Im Juni 2020 bin ich zufällig auf diese Kleinanzeige gestoßen:
Liebe auf den ersten Blick? Muss wohl so etwas in der Richtung gewesen sein, denn dieses „Bastlerboot“ wollte ich mir unbedingt ansehen. Cuxhaven war ja auch nicht so weit weg, zumindest in der Luftlinie von Büsum aus gesehen.
Und in der Anzeige waren viele Fotos und Details, die mich in meinem Entschluss noch bestärkten.
Der Vorbesitzer, der während der Zeit seines Hausbaus auf diesem Boot wohnte, hatte tatsächlich einen neuen Mast, nach Vorlage des vergammelten alten, aus einem massiven Balken mit der Hand angefertigt und gesetzt. Großsegel und Focksegel (beide in braun!) waren dabei, so wie auch einige Holzteile einer Gaffeltakelung, allerdings abseits vom Boot gelagert und mit deutlichen Spuren der Zeit.
Aber: Wow – wäre es nicht großartig, dieses Boot als Motorsegler wieder zum Leben zu erwecken? Dachte ich mir so, als Nicht-Segler mit überhaupt keiner Erfahrung in so etwas.
Das Video dazu zeigte dann wirklich, wie der MODAG Motor mit
20 Bar Pressluft „auf Schlag“ gestartet werden konnte und die Schraube sich drehte. Aber es war schon sehr verwegen vom Vorbesitzer, ein solches Ungetüm ohne Auspuff und selbst im Motorraum stehend, zu starten. Kein Wunder, dass alles voller Ruß war…
Bei mir war aber die Idee geboren, mit diesem Motor auch wieder auf Fahrt gehen zu können. Der Sound dieser Maschine war atemberaubend, eher ein rhythmisches Donnern wie bei einer alten Hafenbarkasse – nur lauter. Ein Auspuff (eigentlich nur ein dickes Rohr) musste dran und die Versorgung mit Seewasser als Kühlmittel musste wieder hergestellt werden. Sollte doch alles machbar sein, oder?
Und das mit dem „Überleben“ schien nicht so abwegig zu sein.
Die beiden vorhandenen Bunker mit 850 Liter Diesel sollten auch für eine längeren Törn ausreichend sein, wobei mir schon klar, dass der alte Motor nicht gerade ein Spritsparer sein wird. Und es war auch noch eine Menge Treibstoff in den Tanks. Laut Vorbesitzer sollten es rund 250 Liter sein.
Die Bunker waren allerdings nur eher provisorisch auf Holzpodesten im Rumpf beiderseits des Motors montiert und nur mit Spanngurten gesichert worden. Sah nicht so vertrauenserweckend aus und dazu fehlten die Tankstutzen. Ok, kommt auf meine immer länger werdende Liste der von mir machbaren Dinge.
Um die Bunker an ihre Plätze zu bringen hatte der Vorbesitzer die schöne und massive Teakabdeckung des Motorraums aufgesägt und dann provisorisch mit einer Platte abgedeckt. Im großen Fundus der auf dem Boot gelagerten Zubehörteile fand sich aber auch eine fast komplette Lichthaube, die genau zum Ausschnitt passte. Gut, sollte machbar sein – muss aufgearbeitet werden.
Der Vorbesitzer hatte aber auch, neben dem Mast, noch weitere Arbeiten am Boot durchgeführt.
Das Ruderhaus und der Maschinenraum hatten eine massive Abstützung (Unterzüge) aus Stahlträgern erhalten. Dazu musste aber leider auch die Mechanik der ursprünglich vorhandenen Seil-steuerung weichen. Die Teile waren auch nicht mehr vorhanden, leider. Im Fundus war aber eine gebrauchte Hydrauliksteuerung (Zylinder und Pumpe), die vom Vorbesitzer für den Einbau vorge-sehen war. Leider hatten beide Teile aber nur noch Schrottwert, was sich aber erst später herausstellte. Die Teile wären wohl auch zu klein gewesen.
Sehenswert ist der große Refleks Ofen, Typ 67 MS. Der Wert „einige Tausend“ ist sicherlich übertrieben – aber der Ofen funktioniert einwandfrei. Die Heizspirale aus Kupfer ist Teil des Fundus, aber nicht eingebaut.
Die ohne Zusatzkosten angebotene, mit Gas betriebene Herd-/Backofenkombi habe ich natürlich auch gerne genommen. Eine Gasanlage wollte ich allerdings nicht an Bord haben, so dass dieser Ofen heute in einer Outdoorküche in meinem Garten eingebaut ist.
Am Liegeplatz habe ich schließlich Landstrom und auf Törns (wenn’s denn mal so weit ist) gibt es Stulle mit Brot.
Der Holzrumpf hatte, fachmännisch in einer Werft ausgeführt, vor Jahren eine Acryl-Einhausung bekommen. In diesem Zusammenhang ist oft vom „Leichentuch“ zu lesen, d.h. der Holzrumpf ist nicht mehr intakt. Soweit ich es sehen konnte, war das aber hier nicht der Fall. Und der gesamte Rumpf war trocken, keine Spur von Fäulnis oder Pilzbefall. Sah (für mich) gut aus.
Gut gemeinter Rat, mit aus meiner heutigen Sicht völliger Fehleinschätzung in Bezug auf „etwas Arbeit“ und Kosten.
Und man muss wohl ein Träumer sein, wenn man sich so einer Aufgabe stellt. Denn die Arbeitsliste wurde länger und länger – und nicht alles werde ich selbst machen können. Holzarbeiten und Arbeiten an der Elektrik sind für mich kein Problem. Mit Motoren kenne ich mich allerdings nicht aus. Aber dafür gibt es in Cuxhaven Unterstützung, denn der Kutter liegt zu diesem Zeitpunkt dort im Werftbereich.
Also: Handschlag. Gekauft wie gesehen!
So geschehen im Juli 2020. Erste Maßnahme: Inventur. Was ist alles an Bord, was ist im großen Fundus der verkauften Zubehörteile?
Viel!
Denn in jeder Ecke des Bootes liegen wohl über Jahre gesammelte Teile. Messingbeschläge, eine ganze Wanne voll mit Glasfasermatten, ein großer Seewasserfilter aus Edelstahl, und noch vieles mehr.
Selbst ein Radarreflektor und Seenot-Signale sind dabei. Da hatte wohl mal jemand Großes vor.
Wird noch alles gut zu gebrauchen sein.
Dies war der erste Teil von Peter Samulats Buch „Ich hab‘ mir einen alten Fischkutter gekauft„.
Ich würde gerne, die anderen Teile auch lesen.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias
Hallo Matthias,
wir veröffentlichen ab jetzt jede Woche einen weiteren Teil. Falls du dich nicht so lange gedulden magst, kannst du die Geschichte auch als Buch bestellen: https://amzn.to/405KmGr
Liebe Grüße
Jan