HANNES fährt!
Mein Ziel für 2022: Mit HANNES durch die Schleuse Büsum in die Nordsee, begleitet von „Sonne“ von Rammstein.
Ob das wohl was wird? Die ersten Probefahrten in den Büsumer Hafenbecken waren „durchwachsen“, aber insgesamt bewährte sich HANNES immer weiter.
Und auch ich werde zunehmend sicherer in den Manövern.
Und kurz vor den Büsumer Regattatagen 2022 reifte mein Entschluss: Letzte Probefahrten und dann raus in die Nordsee!
Büsumer Regattatage (15. bis 17. Juli 2022)
Nach zwei Jahren Pause gibt es in diesem Jahr die Büsumer Regattatage endlich mal wieder. Auch der Museumshafenverein engagiert sich und biete Fahrten auf den beiden Museumsschiffen und der KUCHENBECKER an. Mein HANNES hätte auch fast an der Oldtimerregatta teilgenommen. Angemeldet war mein Boot, aber dann gab es einige organisatorische Probleme und so blieb ich leider im Museumshafen.
Die letzten Testfahrten waren über alles gesehen gut verlaufen und so habe ich mir Gäste eingeladen zum ersten Törn in die Nordsee: Treffen am Sonntag, dem 17.07., um 13:30 Uhr zur Abfahrt.
Ab 15:00 Uhr sollte dann am gleichen Tag auch die Kutterregatta beginnen.
Anne, Jens und Jonas sind als Helfer und (für mich) als Mutmacher dabei. Petra hat „Seehund“ Willi mitgebracht, Jens Kinder und Enkel.
Großartige Stimmung!
Leider muss ich feststellen, dass mein Funkgerät, auf dem ich seit Monaten auf Kanal 11 „Büsum Port“ mithöre, nicht sendet. Ist wohl kaputt. Egal, wenn notwendig, erreiche ich die Schleuse auch per Telefon. Also los. Maschine läuft!
Vorsichtig manövriere ich HANNES aus dem Hafenbecken 1 in Richtung Schleuse. Da ist einiges los in den Hafenbecken. Viele kleine Boote flitzen hin- und her, auch Segler aus dem Yachthafen sind auf Tour. Grün! Die Schleuse ist frei – los geht’s!
Rammsteins „Engel“ läuft schon mit maximaler Lautstärke.
Ich gebe Gas.
HANNES gleitet durch die Schleuse und ich manövriere aus dem Vorhafen in die Nordsee. Ist schon richtig was los hier, viele Fischkutter kreuzen und sammeln sich für die Regatta. Kaptein Jens übernimmt das Ruder und führt HANNES sicher.
Wow! Ich stehe am Bug und kann es kaum fassen. Zwei Jahre Arbeit und das Ding fährt wirklich!
Fast eine Stunde kreuzen wir vor der Büsumer Schleuse. Immer mal wieder zeigen uns Fischkutter-Kapitäne, was deren Maschinen können, geben richtig Gas, und HANNES stampft und rollt dann heftig in deren Wellen.
Willi findet das gar nicht lustig, meine Gäste auch nicht.
Da muss wohl doch dringend mehr Ballast in den Kiel.
Aber insgesamt ein toller Törn.
Die Maschine läuft ruhig und gegen den Strom und gegen den Wind schaffen wir etwas über 4 Knoten. Und mit Strom und mit Wind? Fast 8 Knoten bei 900 U/Min.
Nach dem Start der Kutterregatta machen wir uns gegen 15:00 Uhr auf den Weg zurück in den Büsumer Hafen. Nach telefonischer Anmeldung zeigt das Signal grün für uns und rein geht es.
Zurück im recht leeren Museumshafen wird HANNES dann gleich noch im Hafenbecken 1 am Seil gedreht und an den Liegeplatz am frisch restaurierten Hafenkran verholt.
Obwohl der Motor heute zum ersten Mal länger unter Last gelaufen ist, liegt der Verbrauch weiter bei unter 10 L/h. Öldruck Motor und Getriebe waren jederzeit ok, auch die Kühlwassertemperatur lag bei max. 60 Grad.
Und Petra hat richtig Spaß gehabt: „Wollen wir im Urlaub im August mit HANNES die Eider hochfahren?“.
Wow –warum eigentlich nicht?
Ich plane die Route zum Eidersperrwerk mit meiner NAVIONICS App. Und die sagt: 33,5 NM! Da ist Büsum als Startpunkt für einen Törn auf der Eider nicht so richtig geeignet. Ich rechne mal hoch, was allein der Diesel für eine „Rundfahrt“ Büsum-Eidersperrwerk-Eider-Gieselau-Schleuse, Kiel-Kanal und dann zurück nach Büsum, kosten würde.
Oha.
Und im dem wirklich sehr empfehlenswerten Törnführer von Jan Werner wird die Anfahrt auf das Eidersperrwerk auch als nicht gerade einfach beschrieben.
Das macht keinen Spaß. Die App sagt, auch der Törn von Brunsbüttel nach Büsum wieder rund acht Stunden dauern wird.
Damit ist der Urlaubsplan „Eider“ gestorben. Aber fahren würde ich jetzt schon mal gerne „richtig“. Ob da nicht etwas zusammen mit dem Museumshafenverein geht?
Die Boote fahren ja öfter mal nach Helgoland und bleiben dann ein paar Tage vor Ort.
Malte sagt: Am 08. August ist die nächste Helgolandfahrt mit der RICKMER BOCK geplant. Und ich soll mit HANNES mitkommen.
Soll ich?
Helgoland (08. bis 11.08.2022)
Zur traditionelle Helgoländer Börtebootregatta des VzEHB am 10. August 2022 plant der Museumshafenverein mit den Büsumer Börtebooten sowie der der RICKMER BOCK und der FAHREWOHL einen Törn vom 08. bis 11. August nach Helgoland.
HANNES soll mitfahren, auf Hin- und Rückfahrt (sicherheitshalber) in Begleitung der RICKMER BOCK.
Mit gemischten Gefühlen sage ich den Törn zu. Aber nur bei gutem Wetter, höchstens Windstärke 3-4.
Soll ich wirklich? Traue ich HANNES und mir das zu?
Törnplanung und vorbereitende Arbeiten
Was sagt die Törnplanung mit der NAVIONICS-App? 4 bis 5 Stunden Fahrtzeit, denn wir wollen ja mit dem Strom fahren. Und hoffentlich nicht gegen den Wind.
Mein Funkgerät habe ich zwischenzeitlich reparieren lassen und kann das bis dahin genutzte Ersatzgerät an Malte zurückgeben.
Der Radarreflektor
Jonas weist mich darauf hin, dass ein Holz- oder Gfk-Boot auf dem Radar kaum sichtbar ist. Das wird nur besser, wenn ein Radarreflektor gesetzt ist.
„Die SOLAS Convention (Safety of Life at Sea) schreibt zwingend vor, dass Sportboote unter 150 BRZ, also alle Boote der gängigen Kategorien, die nach dem 1. Juli 2002 gebaut wurden, mit Radarreflektoren auszurüsten sind.“
Fällt meine HANNES unter diese Regelung? Im Internet finde ich dazu keine eindeutige Aussage. Ist aber auch egal, denn wenn es zu einem Schaden käme, den so ein Reflektor hätte verhindern können, würde sicherlich die Frage danach gestellt werden.
Für die Tour nach Helgoland brauche ich also so ein Ding.
Bei SVB finde ich einen zusammensteckbaren Radarreflektor aus Aluminium zur Anbringung im Masttop oder im Achterstag. Ich bestelle den steckbaren „ECHO STAR 300mm“, dessen Kunststoff-Ecken allerdings einfach nicht halten wollen. Ein paar Tropfen Epoxid wirken aber auch hier Wunder, auch wenn der Reflektor danach nicht mehr zerlegbar ist.
Einen Hinweis finde ich bei meinen Recherchen noch: Der Reflektor soll möglichst senkrecht hängend montiert werden, um ein Optimum der Rückstrahlung zu haben. Ich besorge mir ein Fahnengewicht:
Beschwerungsgewicht (Fahnengewicht) 400g
- Kletterstoppgewicht zur Beschwerung (Straffung) und Stabilisierung von Flaggen & Fahnen
- Verhindert das Hochwehen & Überschlagen der Fahne
sowie Ausreißen der Fahnenränder - Sandgefülltes Fahnensäckchen aus
reißfestem & witterungsbeständigem Außenmaterial
Eine Testfahrt fällt ins Wasser (31.07.2022)
Eigentlich möchte ich für unseren Törn an diesem Sonntagnachmittag nur noch kurz nachsehen, wie der Wind zu erwarten ist. Starten wollen wir um 15 Uhr. Aber ich sehe auch, dass genau ab diesem Zeitpunkt das bis dahin schöne Sommerwetter zu Ende ist und es soll anfangen zu Regnen.
Und der Wetterbericht hat Recht, Mist.
Kaum sind wir in Büsum angekommen, fängt es an zu regnen.
Erst ein wenig, dann kräftig.
So macht das alles nicht wirklich Spaß. Petra, Anne, Jens und ich gehen dann lieber zur Eisdiele in Büsum.
Heute bleibt die Maschine aus.
Die Bunkertanks
In den zwei sogenannten Bunkertanks von HANNES mit insgesamt rund 750 Litern Fassungsvermögen sind geschätzt noch etwa 200 Liter alter Diesel.
Noch in Cuxhaven wurde mir gesagt, dass der Diesel mit Wasser vermengt sei und damit höchstens noch für die Verwendung in einer Ölheizung taugt.
Ist das wirklich so? Ich fülle eine durchsichtige Plastikflasche mit dem Diesel aus dem Bunkertanks und lasse die dann in paar Tage stehen.
Ist Wasser im Diesel, so müsste das sich deutlich in der Flasche abgesetzt haben. Es ist aber nichts zu sehen. Der Diesel scheint doch noch verwendbar zu sein.
Mutig pumpe ich etwa 30 Liter aus den Bunkertanks in den Tagestank um. So vermischt sich das mit dem in der Tankstelle gekauften Diesel und wird vom MAN auch ohne Murren verarbeitet.
Der Motor läuft ruhig mit diesem Diesel. Wäre wirklich schade gewesen, die rund 200 Liter einfach zu entsorgen!
Die Stopfbuchse nachziehen und abdichten
Bei einer Durchsicht sehe ich Wasser in der Bilge stehen, schön braun. Das weist darauf hin, dass die Stopfbuchse leckt und das Gemisch aus Wasser und Fett diese Färbung hervorruft.
Also erst einmal mal wieder Recherche. Bei Wikipedia heißt es:
„Traditionell werden Schiffsantriebswellen an der Durchführung durch den Schiffsrumpf bzw. am inneren Ende des Stevenrohrs durch Stopfbuchsen abgedichtet. Im Stevenrohr verläuft die Schiffswelle. Die Stopfbuchse besteht meist aus Gummi oder einer Filzpackung und ist mit Fett getränkt. Die Vorspannung der abdichtenden Packung ist axial einstellbar. Sie darf nicht zu fest eingestellt werden, um die Reibung der Welle zu reduzieren. Die Stopfbuchse wird in der Regel einmal jährlich mit Fett nachgefüllt. Bei großen Schiffen besteht die Stopfbuchse auch aus Metall.“
„Vereinfacht gesagt ist die Stopfbuchse ein Hohlraum um die Welle, in dem ein pressbares Dichtungsmaterial eingesetzt ist. Die Stopfbuchse kann mit der Brille weiter oder enger gemacht werden, je nachdem, wie stark das Material (die sogenannte „Packung“) an die Welle gepresst werden und damit abdichten soll. Wenn zu wenig Druck da ist, kommt zu viel Wasser in das Schiff. Mit zu viel Druck dagegen wird die Konstruktion durch Reibung zu warm und kann im extremen Fall sogar zu großen Schäden an der Welle führen.“
„Hast du mal probiert, die Stopfbuchse nachzuziehen? Bis zu einem gewissen Grad kann man das machen und dann während der Fahrt gucken, dass sie nicht heiß ist, handwarm ist in Ordnung. Ist sie heiß ist die Packung zu fest angezogen“, sagt Jonas und schickt mir auch gleich noch einen sehr hilfreichen Link dazu.
„Zuerst müssen die äußeren Muttern an dem Ring (der „Brille“) gelöst werden (grüner Pfeil) – aber ohne, dass die inneren Muttern (roter Pfeil) mit bewegt werden! Denn es ist sehr wichtig, dass alle Muttern gleich angezogen werden, damit der Ring bzw. Hohlraum um die Welle herum und damit die Packung nicht schief wird. Dann die inneren Muttern nach und nach über Kreuz und in gleichem Maße anziehen, aber nur ein wenig. Ich habe mit einer Vierteldrehung angefangen und habe bei einer ganzen Drehung aufgehört, als ich merkte, dass Widerstand da war.
Dann wieder die äußeren Muttern anziehen, so dass die inneren Muttern sich nicht mehr bewegen können – fertig.“26
Genauso mache ich das. Und das Leck ist behoben.
Testfahrt ins Grüne (06.08.22)
Die nächste Testfahrt. Diesmal mit dem „alten“ Diesel im Tagestank. Wieder geht es durch die Schleuse in den Vorhafen von Büsum und dann weiter im Fahrwasser. Jens übernimmt das Ruder.
„Jens, bitte fahre am Tonnenstrich“.
Läuft gut, HANNES macht etwa 6 Knoten. Dann sagt Jens:
„Null Knoten Geschwindigkeit!“
Festgefahren.
Zum Glück bei auflaufendem Wasser.
HANNES war ein gutes Stück außerhalb der Fahrrinne im Watt aufgelaufen und zunächst mal fest. Aber das auflaufende Wasser half und nach einiger Zeit kamen wir dann wieder frei.
Der MAN musste dabei aber ordentlich helfen.
Insgesamt hat HANNES die 1,5 Stunden Testfahrt aber bestens überstanden. Die Maschine läuft wie ein Uhrwerk, die Schaltung ist präzise und auch der aus dem Bunker in der Tagestank nachgefüllte „alte“ Diesel kann problemlos verwendet werden.
Dies war der sechzehnte Teil von Peter Samulats Buch „Ich hab‘ mir einen alten Fischkutter gekauft„. Wie es weitergeht erfährst du im nächsten Teil des Refit-Berichts…